„Mit Licht kann ich etwas erzählen“

Michael Batz spricht im Interview mit dem Prediger-Lichtjournal über sein Mammutprojekt „Blue Port“, den Hamburger Hafen als Zukunftsbühne und seine Liebe zur Lichtkunst.

Michael Batz spricht im Interview mit dem Prediger-Lichtjournal über sein Mammutprojekt „Blue Port“, den Hamburger Hafen als Zukunftsbühne und seine Liebe zur Lichtkunst.

Lichtkünstler Michael Batz taucht den Hamburger Hafen vom 28. Juli bis 3. August 2014 bereits zum vierten Mal in blaues Licht

Lichtkünstler Michael Batz taucht den Hamburger Hafen in den Abendstunden vom 28. Juli bis 3. August 2014 bereits zum vierten Mal in blaues Licht – Foto: Theresa Wolf

Prediger Lichtberater: Herr Batz, nach 2008, 2010 und 2012 inszenieren Sie den „Blue Port“ Hamburg vom 28. Juli bis 3. August 2014 bereits zum vierten Mal. Was macht diese Veranstaltung für Sie und die Besucher so einzigartig?

Michael Batz: Es ist die Darstellung eines Areals in all seinen Facetten. Mit „Blue Port“ wird ein lebendiger innerstädtischer Vorgang mittels Licht inszeniert, das ist ein multipler Prozess. Wir haben im Süden das Wirtschaftsareal mit seinen Terminals, Werften und Kranen, auf der Nordseite steht dem eine Spaßmeile mit Gastronomie gegenüber. Beide Welten haben in der Regel wenig bis gar nichts miteinander zu tun, das blaue Licht bringt aber beide unter einen sichtbaren Begriff zusammen. Das ist einmalig, so etwas gibt es nur in Hamburg. Für mich ist der Hafen außerdem eine Zukunftsbühne, auf der globale Themen wie Hightech, Energie, Wasser oder Transport sichtbar werden.

Prediger Lichtberater: Sie haben bei den ersten drei Inszenierungen jeweils bestimmte Schwerpunkte gesetzt. Was rücken Sie in diesem Jahr in den Mittelpunkt?

Michael Batz: Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf dem Thema „Seezeichen – Sehzeichen“, also jeglicher Kodierung des Hafens materieller Art. Früher war das für die Seefahrt überlebensnotwendig, um sich orientieren zu können. Heute sind Seezeichen zwar immer noch da, sie sind für die Lesbarkeit der Landschaft aber sekundär geworden.

Im digitalen Zeitalter rückt das GPS an die erste Stelle. Dadurch werden Seezeichen praktisch zu Schauspielern ohne Job. Ich werde sie entsprechend beleuchten und in Szene setzen.

Es ist eine Einladung zur Wahrnehmung mit Hilfe des Mediums Licht. Die Besucher sollen sich mit ihnen auseinandersetzen und sich dadurch den Wandel der Zeit bewusst machen. Um das umsetzen zu können, arbeiten wir eng mit dem Hafenmanagement (HPA) und dem Hamburger Stahlwerk ArcelorMittal zusammen, das einige historische Seezeichen nachbaut, die dann an der Landzone positioniert und blau beleuchtet werden.

Prediger Lichtberater: Der Hamburger Hafen ist ein riesiges Areal. Was müssen Sie bei der Lichtplanung beachten, damit das Gesamtkunstwerk „Blue Port“ stimmig ist?

Michael Batz: Dort gibt es drei verschiedene Lichtsysteme. Einerseits die Betriebslichter mit ihren Sicherheitsleuchten, dann die maritimen Lichter in Weiß, Rot und Grün zur Orientierung und schließlich die Gastronomielichter. Insgesamt überwiegt der Anteil an weißem und natriumgelbem Licht. Deshalb bedarf es der Farbe Blau, um sich davon abzusetzen.

Prediger Lichtberater: Ist das der Grund, warum Sie sich bei so vielen Projekten immer wieder für blaues Licht entscheiden?

Michael Batz: Ja. Blau ist nicht nur durch Feuerwehr und Polizei bekannt als Ereignislicht, das sich von allen anderen Lichtsystemen abhebt. Gleichzeitig steht es aber auch für Klarheit, Seriosität, Zuverlässigkeit und eine gewisse Kühle. Das wird allgemein so empfunden. Es gibt aber noch eine viel zentralere Aussage: Blau ist das Licht des Lebens, es steht für unseren blauen Planeten als Haus des Lebens. Das ist doch eine schöne Botschaft.

Prediger Lichtberater: So ein Mammutprojekt wie „Blue Port“ Hamburg kostet viel Kraft und Zeit. Wie sieht die Vorbereitungszeit dafür aus?

Michael Batz: Die Planung und Organisation beginnt ungefähr ein Jahr vorher, die heiße Phase etwa acht Wochen vor dem Startschuss. Richtig stressig wird es dann in den letzten vier Wochen bis zum symbolischen Knopfdruck, dem „Light Up“, der in diesem Jahr am 28. Juli um 21.30 Uhr in der Elbphilharmonie stattfindet. Wir sind beim Start also mittendrin, bleiben am Wasser und haben aus dem zehnten Stock einen guten Überblick über das gesamte Geschehen im Hafen.

Prediger Lichtberater: Nun ist die Elbphilharmonie ein Ort, den nur ausgewählte Personen betreten dürfen. Von wo aus haben denn die unzähligen Besucher den besten Blick über den blau beleuchteten Hafen?

Michael Batz: Den Punkt für das perfekte Panorama gibt es nicht, aber das ist vollkommen beabsichtigt. „Blue Port“ ist ein Kunstwerk, das man erfahren und erlaufen muss. Dadurch ergeben sich für den Betrachter immer wieder andere Blickwinkel. Grund dafür ist allein schon das riesige Areal des Hafens und dass dort alles ständig in Bewegung ist. Ich kann den Besuchern nur empfehlen: Gehen Sie aufs Wasser, fahren Sie mit einer Barkasse durch den Hafen oder besuchen Sie die „Cap San Diego“ und die „Rickmer Rickmers“. Vom Wasser ist der Ausblick immer am schönsten. Eventmäßig spektakulär wird es natürlich dann, wenn die Kreuzfahrtschiffe zu den „Cruise Days“ ab 1. August einlaufen.

Prediger Lichtberater: Sie haben es gerade angesprochen, Ihre Inszenierung umrahmt auch in diesem Jahr die „Cruise Days“. Warum ergänzen sich beide Veranstaltungen so hervorragend?

Michael Batz: „Blue Port“ und „Cruise Days“ sind aus bestimmten Gründen zusammengekommen. Den Machern der „Cruise Days“ war klar, dass sie ein Element für ihre Veranstaltung brauchen, das besonders ist. Da bot sich nach meinem Projekt „Blue Goals“ von 2006 die Beleuchtung des Hafens an. Allerdings möchte ich betonen, dass ich nicht auf das Thema Kreuzfahrt beschränkt bin, sondern verschiedene Geschichten anhand des Hafens erzähle. Da gibt es das Stadtentwicklungsthema, die Kunst, die Speicherstadt mit dem „Hamburger Jedermann“, die Museumshäfen, die Terminals mit ihren unglaublichen Logistiken und eben die Zukunftsthemen.

www.mediaserver.hamburg.de/C.Spahrbier

Beim „Blue Port“ Hamburg dürfen sich die Besucher auch in diesem Jahr wieder auf ein einzigartiges Lichtspektakel in Blau freuen. Foto: www.mediaserver.hamburg.de / C. Spahrbier

Prediger Lichtberater: Trotzdem waren die „Cruise Days“ 2008 der Anlass, den Hafen das erste Mal in blaues Licht zu tauchen. Wie entstand die Idee dazu?

Michael Batz: Nach den „Blue Goals“ haben wir überlegt, welches Projekt sich in Hamburg realisieren lässt. Der Hafen war dafür nahezu ideal. Denn eine Lichtinszenierung öffentlicher Räume findet bei Architektur ständig statt. Einen ganzen Stadtvorgang als Dimension zu inszenieren, war dagegen neu. Hier ist eine Erzählung in einem zentralen Quartier der Stadt möglich. Das ist dynamisch und aufregend, weil sich permanent so viel ändert. Es müssen Sicherheitsaspekte beachtet werden und es braucht ein hohes Maß an Abstimmung. Das Ganze machte es zu einem riesengroßen Abenteuer.

Prediger Lichtberater: Als Lichtkünstler sind Sie längst auch international bekannt. Wie haben Sie Ihre Liebe zum Licht entdeckt?

Michael Batz: Den ersten Berührungspunkt gab es im Theater. Bei einer Probe hatte ich nichts zu tun und der Lichtmann war krank. Da sollte ich die Regler schieben. Das ist schon ganz schön lange her, war aber ein Schlüsselerlebnis. Weil ich von Licht zwar keine Ahnung hatte, aber merkte, was man mit technischen Mitteln alles erreichen kann, ohne den künstlerischen Aspekt aus den Augen zu verlieren. Licht ist eine Frage. Je nachdem, wie ich frage, bekomme ich die Antwort in Form eines Bildes.

Mit Licht kann ich also etwas erzählen und die Leute über die Sichtbarkeit mitnehmen. Sie merken: Hat man sich einmal auf das Thema Licht eingelassen, lässt es einen nicht mehr los.

Prediger Lichtberater: Die Ideen für die Beleuchtung des Hafens scheinen Ihnen nicht auszugehen. Schon 2015 stehen die „Cruise Days“ zusammen mit der Kreuzfahrtmesse „Seatrade“ erneut im Kalender. Liefert Ihre Lichtinszenierung dann abermals den passenden Rahmen für diese Großveranstaltungen und ist die Zukunft von „Blue Port“ gesichert?

Michael Batz: Ich gehe davon aus, dass ich im nächsten Jahr wieder dabei bin. Gesichert ist die Zukunft aber nur dann, wenn das finanzielle Risiko nicht mehr beim Künstler liegt. Ich denke, es ist nur fair, dass sich die Stadt Hamburg diesbezüglich etwas mehr bewegen muss. Schließlich ist sie der größte Profiteur von der Veranstaltung.

Prediger Lichtberater: Gibt es ein bestimmtes Objekt im Hamburger Hafen, das Sie sich besonders gern in blauem Licht ansehen?

Da habe ich keinen konkreten Vorzug. Oft sind es die kleinen Ecken, die mich faszinieren. Zauberhafte Orte, an denen sich das maritime Hamburg mit dem Künstlerischen des blauen Lichts vereint. Für mich ergeben sich dadurch oft überraschende Bilder mit schönen Stimmungen. Bei „Blue Port“ entsteht immer wieder heitere Gelassenheit, ohne dabei ständig auf den Eventknopf zu drücken.

Prediger Lichtberater: Sie finden also trotz des großen Projektes genügend Zeit, um sich Ihr Kunstwerk anzusehen. Mit welchem Blick gehen Sie dann durch den Hafen?

Wenn wir nicht gerade Theater spielen, gehe ich sehr gern durch den Hafen. Natürlich auch mit einem kontrollierenden Blick. Ich sehe oft, wo noch etwas fehlt oder was man beim nächsten Mal besser machen kann. Dennoch habe ich selbstverständlich auch einen Genussblick. Und es ist ein Blick voller Überraschungen, denn ich weiß nicht, wo genau zum Beispiel die blau beleuchteten Barkassen fahren. Dadurch entstehen Bilder, die ich nicht planen kann. Das Kunstwerk hat also offene Elemente, Open Source heißt das wohl zu neudeutsch.

Prediger Lichtberater: Herr Batz, vielen Dank für das informative Gespräch.