Blaue Nacht 2018: Nürnberg illuminiert den Horizont

Projektionen, Video-Mapping-Installationen und ein hell leuchtender Walking Act – das sind nur einige Highlights der Blauen Nacht, die am 5. Mai bereits zum 19. Mal in Nürnberg stattfand.

Projektionen, Video-Mapping-Installationen und ein hell leuchtender Walking Act – das sind nur einige Highlights der Blauen Nacht, die am 5. Mai bereits zum 19. Mal in Nürnberg stattfand.

„Hypnocity“ nimmt die Reizüberflutung aufs Korn. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas

Streng genommen ist die Blaue Nacht kein reines Lichtkunst-Festival, sondern eine Kunst-Großaktion. Denn schließlich beteiligen sich fast alle kulturellen Stätten mit Theater-, Musik- und Tanzaufführungen. Auch Lesungen, Performances und Museumsführungen sind mit dabei, und machen die Blaue Nacht zu der größten Kultur- und Museumsnacht in Deutschland. Aber ein Lichtkunst-Festival ist die Blaue Nacht in Nürnberg dann eben doch. Schließlich erstrahlen alle Straßenlaternen in der Innenstadt in blauem Licht. Und dann wären da noch die Lichtkünstler, die in diesem Jahr auf das vorgegebene Thema „Horizonte“ eingegangen sind.

Was hinter dem Horizont verborgen liegt: „Anything goes“

Bunte Bilder bestimmten „Anything goes“ von Dan Reeder. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas

Zu den Attraktionen der Blauen Nacht gehörte ganz klar die Projektion „Anything goes“ des Amerikaners Dan Reeder, der an der Fassade der Kaiserburg eine bunte und freche Geschichte rund um den Horizont erzählte. Vom skurrilen Witz bis hin zur tiefgründigen Frage nach dem Sinn des Lebens war in seiner Projektion alles Menschliche und vor allem Zwischenmenschliche vertreten. Denn der Künstler wollte die 150.000 Besucher, die an der Blauen Nacht teilnahmen, dazu animieren, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Für ihn selbst ist der Horizont eigentlich nur eine gerade Linie, die das Sichtbare vom Unsichtbaren trennt. Was dahinter liegt, ist meist leicht verschwommen und lässt sich nicht greifen. Mit seiner Projektion beleuchtete Dan Reeder genau diesen Grenzbereich und machte sichtbar, was hinter dem Horizont seiner Meinung nach verborgen liegt.

Reizüberflutung mit „Hypnocity“

Grelle Reizüberflutung: „Hypnocity“. Foto: Blaue Nacht/Jim Albright

Nicht minder beeindruckend war die Video-Mapping-Installation „Hypnocity“ des spanischen Künstlerkollektivs SlideMedia, die die Fassade des Neuen Rathauses nutzten, um sich kritisch mit den Bilderfluthorizonten in Großstädten auseinander zu setzen. In einer hypervernetzten, globalen und äußerst digitalen Welt werden wir von der Sprache der Bilder beherrscht: Fotos fluten unsere Mobiltelefone, Busse werden bildreich beklebt und auf riesigen Gebäuden werden wir dank großer LCD-Bildschirme mit visuellen Reizen bombardiert.

Die Künstler von SlideMedia nahmen für die Blaue Nacht die optischen Stimuli von Städten wie Tokio, New York und London auseinander und zeigten anhand eines Multi-Screen-Effekts, den sie mit schrillbunten und verzerrten Bildern erzielten, einen Vorgeschmack auf das, was mit uns Menschen passiert, wenn die Bilderflut in Zukunft ungehemmt weitergehen kann: eine totale Reizüberflutung, die uns den eigenen Horizont nimmt.

„Dundu“ bezaubert die Besucher

Die Puppen von „Dundu“ ließen die Besucher staunen. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas

Nach so einer gewollten optischen Überforderung war der Walking Act „Dundu“ eine willkommene Abwechslung für so manch einen Besucher. Die fast fünf Meter hohen Lichtgeschöpfe des Puppenbauers Tobias Husemann wandelten durch die Innenstadt und faszinierten Klein und Groß. Dank einer ausgefeilten Technik bewegten sich die Großpuppen mit fast menschlicher Anmut, die in der Dunkelheit durch die Illumination noch gesteigert wurde. Als die „Dundu“-Puppen dann auch noch begannen, mit den Zuschauern zu interagieren, verschwamm in Nürnberg die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Mensch und Maschine – eine Horizonterweiterung der besonders zauberhaften Art.

René Martin gewinnt Kunstwettbewerb

Mit „Into the Great Blue Open“ gewann René Martin den Kunstwettbewerb. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas

Zur Blauen Nacht in Nürnberg gehört traditionell auch der Kunstwettbewerb. Für diesen werden vorab unter allen Kunstaktionen 12 Projekte ausgewählt. Die Besucher entscheiden dann direkt vor Ort, wer ihr Favorit ist. Der mit 5.000 Euro datierte Publikumspreis wird in der Nacht noch vergeben. In diesem Jahr ging der Preis an den Nürnberger Künstler René Martin, der mit seiner interaktiven Jonglierteller-Performance „Into the Great Blue Open“ mit 21 Prozent aller Stimmen die Nase vorn hatte.

Interaktiv war bei der Performance übrigens wörtlich gemeint. Angeleitet von professionellen Jongleuren ließen die Besucher selbst die Teller im Innenhof des Krafft’schen Hauses kreisen. Das Besondere: Teller und Jonglierstäbe waren mit phosphoreszierender Farbe angemalt, die mithilfe von Schwarzlicht zum Leuchten gebracht wurden. Im Zusammenspiel mit den Bewegungen der freiwilligen Akteure sorgte das für überraschende und beeindruckende Effekte.

Voller Erfolg: Blaue Nacht 2018 in Nürnberg

Auf dem Hauptmarkt versammelten sich die Menschen für „Hypnocity“. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas

Mit mehr als 250 Programmpunkten nahmen in diesem Jahr über 70 Kultureinrichtungen an der Blauen Nacht in Nürnberg teil. Und zum Glück spielte auch das Wetter mit: Die laue Luft lud bis weit nach Mitternacht zum Flanieren ein. Was dann auch viele der etwa 150.000 Besucher ausgiebig nutzten. Bei einer derart regen Beteiligung verwundert es nicht, dass sich die Organisatoren der Stadt Nürnberg wunschlos glücklich zeigten: „Wetter gut, Kunst gut Publikum gut – alles gut“, resümierte Andreas Radlmaier, Leiter des Projektbüros im Kulturreferat, zufrieden.

„Dundu“ in Nürnberg. Foto: Blaue Nacht/Uwe Niklas