LED-Retrofits: „Die Qualität reicht von ziemlich mies bis hervorragend“

Sie sehen (fast) so aus wie Glühlampen, sind aber mit der wesentlich effizienteren Halbleiter-Technologie ausgestattet und passen trotzdem in die gängigen Sockel: LED-Retrofit-Leuchtmittel. Millionen Menschen haben in den zurückliegenden Jahren ihre Leuchten bereits umgerüstet und mit diesen Leuchtmitteln bestückt.

Sie sehen (fast) so aus wie Glühlampen, sind aber mit der wesentlich effizienteren Halbleiter-Technologie ausgestattet und passen trotzdem in die gängigen Sockel: LED-Retrofit-Leuchtmittel. Millionen Menschen haben in den zurückliegenden Jahren ihre Leuchten bereits umgerüstet und mit diesen Leuchtmitteln bestückt. Trotzdem herrscht bei Vielen noch große Unsicherheit, wenn es um LED-Retrofits geht. Wir wollen deshalb etwas Licht ins Dunkel bringen und baten den ausgewiesenen Fachmann und LED-Experten Wolfgang Messer zum Interview. Er testet bereits seit einigen Jahren für sein Fastvoice-Blog LED-Leuchtmittel, schreibt über aktuelle Entwicklungen in der Lichtbranche und gibt den Kunden immer mal wieder wertvolle Ratschläge sowie Kaufempfehlungen, wenn es um die LED-Beleuchtung geht.

Sehen fast aus wie Glühlampen, sind aber mit energieeffizienter Halbleiter-Technik ausgestattet: So genannte LED-Retrofits. Was bei der Auswahl und beim Kauf der stromsparenden Leuchtmittel zu beachten ist, erklärt LED-Experte Wolfgang Messer im Interview mit dem Prediger Lichtjournal. Fotos: Philips

Sehen fast aus wie Glühlampen, sind aber mit energieeffizienter Halbleiter-Technik ausgestattet: So genannte LED-Retrofits. Was bei der Auswahl und beim Kauf der stromsparenden Leuchtmittel zu beachten ist, erklärt LED-Experte Wolfgang Messer im Interview mit dem Prediger Lichtjournal. Fotos: Philips/privat

Prediger Lichtberater: Beim Kauf einer Glühlampe war die Watt-Zahl das entscheidende Merkmal. Worauf müssen die Kunden beim Kauf einer LED-Retrofit achten?

Wolfgang Messer, LED-Experte und Blogger aus Sinzheim. Foto: privat

Wolfgang Messer, LED-Experte und Blogger aus Sinzheim. Für seinen Fastvoice-Blog testet er unter anderem Leuchtmittel.

Wolfgang Messer: Vor allem auf identische Sockelbezeichnung (beispielsweise E27, E14 oder GU10), Lichtstrom (Lumen), Farbtemperatur (Kelvin), Farbwiedergabeindex (Ra/CRI), Abstrahlwinkel (Grad), Nennlebensdauer (Leuchtstunden und Schaltzyklen), Dimmbarkeit und eventuell auch Lichtstärke (Candela, wichtig vor allem bei Spots und Strahlern). Die Leistungsaufnahme in Watt ist weniger wichtig, weil LED-Lampen sowieso fast immer 80 bis 90 Prozent sparsamer sind als gleich helle Glüh- oder Halogenlampen.
Wenn Sie beispielsweise eine normale 60-Watt-„Birne“ 1:1 ersetzen wollen, suchen Sie eine möglichst rund strahlende, dimmbare LED-Lampe mit einem Halbwertswinkel von mehr als 200 Grad, „warmweißer“ Farbtemperatur (ca. 2.700 K), mindestens 800 Lumen und einem Farbwiedergabeindex Ra/CRI >90. Wer keinen Wert auf Dimmbarkeit und/oder sehr hohe Farbtreue legt, kommt billiger davon und hat eine noch größere Auswahl. Für viele Anwendungen genügen auch ordentliche Lampen mit Ra >80, zumal Lichtfarbe und Farbwiedergabeindex häufig Geschmackssache und vom Einsatzort abhängig sind.
Manche mögen „kühlere“ Farbtemperaturen – etwa für nüchterne Arbeitsumgebungen. Dann können Sie zum Beispiel 35 Watt starke GU10-Hochvolt-Halogenstrahler durch LED-Spots mit 4.000 Kelvin („neutralweiß“), rund 250 Lumen und etwa 40 Grad Abstrahlwinkel sehr gut ersetzen. Beim Austausch von effizienteren 35-Watt-GU5.3-Niedervolt-Halos brauchen Sie übrigens rund 100 Lumen mehr.

Falls möglich, sollten Sie neue Lampen zum Ausprobieren für ein paar Tage mit nach Hause nehmen und bei Nichtgefallen oder Funktionsmängeln wieder zurückgeben.

Prediger Lichtberater: Was sind die Vorteile der Retrofit-Leuchtmittel?

Wolfgang Messer: Ein einfacher, schneller Austausch, relativ geringe Anschaffungskosten mit kurzen Amortisationszeiten von unter einem Jahr. Bei richtiger Auswahl gibt es dann mindestens so helles und gutes Licht wie zuvor. Nach Umrüstung der ganzen Wohnung sinkt die Stromrechnung erfahrungsgemäß um ungefähr acht bis zehn Prozent.

Prediger Lichtberater: … und was sind die Nachteile?

Wolfgang Messer: Bei dimmbaren LED-Lampen können häufig Probleme mit vorhandenen Wand-Dimmern auftreten, weil diese meistens nur für die Steuerung von Glüh- und Halogenlampen gedacht sind: Lichtflackern, ein kleiner Regelbereich, Helligkeitssprünge, nerviges Surren. Ähnliches kann auch bei 12-Volt-LED-Lampen (etwa GU5.3, GU4 oder G4) passieren, wenn in Ihren Leuchten elektronische Trafos mit zu hoher Watt-Mindestlast stecken – unabhängig von der Dimmbarkeit.

Prediger Lichtberater: Gibt es für alle gängigen Sockeltypen LED-Retrofits zu kaufen und können die Kunden damit problemlos alle herkömmlichen Glüh- bzw. Halogenlampen ersetzen?

G4-Stiftsockellampe aus dem Hause Philips im Retrofit-Format.

G4-Lampe von Philips als LED-Retrofit.

Wolfgang Messer: Inzwischen gibt es zwar LED-Retrofits für fast alle Sockelarten, aber nicht alle Typen können in Sachen Helligkeit und/oder Einsetzbarkeit schon komplett mit ihren stromfressenden Vorgängern mithalten. Vor allem der Ersatz für sehr kleine, rundstrahlende G9- und G4-Halogen-Stiftsockellampen sowie für leistungsstarke R7s-Halogenstäbe leidet unter den eingeschränkten Dimensionen, weil nur wenig Platz für die Vorschaltelektronik und die LED-Chips zur Verfügung steht. Allerdings geht auch hier die Entwicklung in großen Schritten voran – die LED-Retrofits werden immer kompakter und effizienter.

Prediger Lichtberater: Wie bewerten Sie aktuell die Qualität der auf dem Markt erhältlichen Retrofit-Leuchtmittel?

Wolfgang Messer: Die reicht von „ziemlich mies“ bis „hervorragend“. LED-Lampen aus dubiosen asiatischen Quellen sind meistens schlechter, als ihre beworbenen Daten versprechen, und können noch dazu lebensgefährlich sein. In seriösen europäischen Verkaufskanälen tauchen diese Importe in der Regel allerdings nicht auf, zumal Sie damit kaum noch Geld sparen können.
Vernünftige Retrofits sind wegen des enormen Preisverfalls in den letzten Jahren teils schon ab 2,50 Euro zu haben; die Mittelklasse tummelt sich im Bereich zwischen 5 und 10 Euro. Langlebige Spitzenqualität mit Farbtreuewerten über Ra 95 und sehr ausgeglichenem Lichtspektrum kann auch mehr als doppelt so teuer sein. Das Licht der besten Modelle ist selbst von Fachleuten nicht mehr von Glüh- oder Halogenlampen zu unterscheiden.

Prediger Lichtberater: Würden Sie den Umstieg auf die Beleuchtung mit Retrofit-Leuchtmitteln empfehlen oder sollten die Kunden noch warten bzw. auf neue Leuchten mit integrierten LEDs setzen?

Wolfgang Messer: Warten ist immer eine schlechte Idee, weil Sie dann jeden Monat unnötig hohe Stromkosten haben. Ob Sie auf Retrofits oder komplette LED-Leuchten setzen, hängt primär von Ihrem Budget und Ihren Beleuchtungs- und Lichtsteuerungs-Wünschen ab.

Bei einem Neubau oder einer großen Renovierung würde ich auf klassische Lampentypen weitgehend verzichten.

Qualitativ hochwertige integrierte Leuchten wurden speziell für die LED-Technik entwickelt, haben deshalb auch nicht die Platz-, Temperatur-, Trafo- und Dimmerprobleme von LED-Retrofits, die mit den Beschränkungen von Lampenfassungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert klarkommen müssen.
Mit LED-Panels, -Ein- und Aufbauleuchten sowie -Stripes und -Leisten können Sie Ihre individuellen Licht-Ideen fast grenzenlos umsetzen – bei Bedarf sogar fern-, gesten- oder sprachgesteuert. Das geht inzwischen zwar ansatzweise auch mit „intelligenten“ LED-Lampen, ich halte Retrofits jedoch nur für eine mittelfristig auslaufende Brückentechnologie beim immer beliebteren Umstieg auf stromsparendes Halbleiter-Licht.

Prediger Lichtberater: Herr Messer, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!