Francisco Gomez Paz: „Intelligentem LED-Licht gehört die Zukunft“

Francisco Gomez Paz ist aktuell sicherlich einer der innovativsten und umtriebigsten Designer der Lichtbranche. Für den italienischen Markenhersteller Luceplan hat der gebürtige Argentinier unter anderem die Pendelleuchte Hope, die Stehleuchte Tango und zuletzt die mit diversen Designpreisen prämierte LED-Pendelleuchte Mesh entworfen

Francisco Gomez Paz ist aktuell sicherlich einer der innovativsten und umtriebigsten Designer der Lichtbranche. Für den italienischen Markenhersteller Luceplan hat der gebürtige Argentinier unter anderem die Pendelleuchte Hope, die Stehleuchte Tango und zuletzt die mit diversen Designpreisen prämierte LED-Pendelleuchte Mesh entworfen. Anfang April schaute sich Francisco Gomez Paz auch auf der Euroluce in Mailand um, die in diesem Jahr wieder Teil der Möbelmesse Salone del Mobile war. Trotz des ganzen Messetrubels und zahlreicher Termine nahm sich Francisco Gomez Paz auch die Zeit für ein Experteninterview mit dem Prediger Lichtjournal. Dabei verriet er unter anderem, warum intelligentem LED-Licht seiner Meinung nach die Zukunft gehört. 

Erst stellte sich Francisco Gomez Paz den Fragen des Prediger-Lichtjournals, dann führte er uns auf dem Messestand von Luceplan auch noch die Besonderheiten seiner Mesh-Pendelleuchte vor. Foto: Prediger

Prediger Lichtberater: Herr Gomez Paz, Sie leben und arbeiten viele Wochen im Jahr in Mailand. Verraten Sie uns, welchen Stellenwert der Salone del Mobile bzw. die Euroluce für Sie hat? Ist die Messe für Sie harte Arbeit, ein Treffen mit Freunden oder doch eher ein Ort der Inspiration?

Francisco Gomez Paz: Seit mittlerweile 16 Jahren lebe ich etwa eine Hälfte des Jahres in Mailand, die übrige Zeit dann im Norden Argentiniens. Für mich ist der Salone del Mobile mit der Euroluce eine gute Möglichkeit, eine Vorstellung davon zu bekommen, was sich derzeit in der Design-Welt tut. Die Messe bietet für mich gleichzeitig die Gelegenheit viele Freunde aus der gesamten Welt zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Außerdem markiert sie für mich auch den Start- bzw. Endpunkt meines Arbeitsjahres und ist deshalb die spannendste Zeit des Jahres.

Prediger Lichtberater: Das bedeutet also, dass Sie Ihren Arbeitszyklus mit der Präsentation neuer Produkte auf der Messe abschließen, um sich danach neuen Aufgaben zu widmen?

Francisco Gomez Paz: Ganz genau. Mein Jahresrhythmus wird vom Salone del Mobile bzw. der Euroluce bestimmt. Mein Arbeitsjahr geht also nicht von Januar bis Dezember, sondern von April bis April.

Prediger Lichtberater: Wie sind Ihre Eindrücke von der Messe? Konnten Sie neue Trends oder Highlights in Sachen Licht und Leuchten-Design ausmachen?

Francisco Gomez Paz: Es ist immer schwierig, sich in den ersten Tagen ein Bild von der Messe zu machen. Ich treffe immer viele Menschen, gebe diverse Interviews und besuche einige Meetings. Ich kann auf die Frage also leider keine konkrete Antwort geben, weil ich bislang nur sehr wenig von der Messe gesehen habe. (Anm. d. Redaktion: Das Interview haben wir am zweiten von sechs Messetagen geführt.)

Prediger Lichtberater: Lassen Sie uns zusammen auf die Anfänge Ihrer Designer-Karriere blicken: Wann und warum haben Sie sich dazu entschieden, Designer zu werden?

Messeneuheit von Francisco Gomez Paz: Die Ivy.

Francisco Gomez Paz: Ich weiß nicht mehr genau, wann das genau war. Ich habe es aber irgendwie immer gefühlt, dass es genau das Richtige für mich ist. Als Kind war ich sehr neugierig und wollte immer wissen, wie Dinge bzw. Produkte funktionieren. Ich habe ständig mein Spielzeug kaputt gemacht, um verstehen zu können, wie die Mechanik im Inneren funktioniert. Das war irgendwie in mir.

Ich habe eine Lese- und Rechtschreibschwäche und mich deshalb gegen alles gewehrt, was mit Wörtern und Sprache zu tun hatte. Ich sehe die Welt wohl auch deshalb vor allem in Form von Bildern, Objekten und Dingen. Davon bin ich fasziniert.

Auch heute macht es mir immer noch sehr viel Spaß, neue Dinge zu erfinden. Diese Einstellung zu meiner Arbeit will ich mir unbedingt erhalten. Ich kämpfe jeden Tag dafür, dass ich mit Neugier und Freude etwas Sinnvolles erschaffen kann.

 

Prediger Lichtberater: Erläutern Sie uns, was das Besondere am italienischen Design ist?

Francisco Gomez Paz: Der Designer nimmt in italienischen Unternehmen eine viel wichtigere Rolle ein als andernorts. Die Unternehmen geben dem Designer viele Freiheiten. Ich habe zum Beispiel bei Luceplan das Gefühl, dass ich meine Neugierde und meine Sicht der Dinge komplett in meinen Produkten ausdrücken kann – ohne dass sich jemand einmischt. Das ist in vielen Unternehmen anders. Gleichzeitig achten die italienischen Designmarken besonders auf eine hohe Qualität. Sowohl beim Design als auch bei der Fertigung. Im Norden Italiens gibt es viele Betriebe mit unglaublich gutem Know-how in Sachen Technik und Material. Ob man also zum Beispiel eine Leuchte aus Glas oder aus Kunststoff herstellen will – man findet garantiert die passenden Zulieferer, die einem hochwertiges Material bereitstellen. Das hilft sehr dabei, ein einzigartiges Design-Produkt zu entwerfen.

Hersteller Luceplan präsentierte auf der Euroluce 2017 in Mailand einige neue Modelle der Mesh. Demnächst wird es sie auch als Deckenleuchte und als kleinere Pendelleuchte mit LED-Licht geben. Foto: Prediger

Prediger Lichtberater: Was ist für Sie bei der Entwicklung neuer Leuchten wichtiger? Die Form oder die Funktionalität?

Francisco Gomez Paz: Diese beiden Aspekte können unmöglich voneinander getrennt werden. Für mich ist Design etwas Ganzheitliches. Es beginnt immer mit einer Idee, die Form entsteht dann erst nach und nach im Entwicklungsprozess und ist das Resultat vieler Entscheidungen. Sowohl Form als auch Funktion ergeben immer erst im Zusammenspiel eine Einheit. Neben der Form und der Funktion sind aber auch die Materialqualität, die Bedienbarkeit und die Einsatzmöglichkeiten von Bedeutung, um am Ende von einem schönen Produkt sprechen zu können.

Prediger Lichtberater: Beschreiben Sie uns den Designprozess: Wie entstehen Ihre Ideen und was ist die erste Frage, die Sie sich bei der Entwicklung neuer Leuchten ganz am Anfang stellen?

Francisco Gomez Paz: Ich beginne immer mit einem weißen Blatt Papier und möglichst einem freien Kopf. Dann stelle ich mir die Frage, was für den Verbraucher oder das Unternehmen, für das ich gerade arbeite, nützlich sein könnte. Schließlich suche ich nach Problemen und versuche diese erst zu verstehen und dann zu lösen.

Das passiert in einem langwierigen Prozess des Experimentierens, wodurch ich mich der Lösung langsam annähere. So war es zum Beispiel bei Hope.

Luceplan war auf der Suche nach einen neuen Kronleuchter. Fünf Jahre zuvor hatte ich mich bereits mit Fresnel-Linsen beschäftigt und wollte wissen, wie diese funktionieren, daran habe ich mich beim Entwurf der Hope erinnert. Ich wollte einen modernen Lüster mit einer gewissen Leichtigkeit kreieren. Diesem Gefühl bin ich gefolgt, habe in einem ganzheitlichen Prozess verschiedene Aspekte betrachtet und diese schließlich miteinander verknüpft. Am Ende habe ich mein Ziel erreicht, denn Hope hat die Leichtigkeit eines Schmetterlings.

 

Erhaben schwebt sie im Raum: Die Pendelleuchte Hope, die Francisco Gomez Paz bereits 2009 zusammen mit seinem Design-Kollegen Paolo Rizzatto entworfen hat. Es war seine erste Arbeit für Luceplan. Foto: Luceplan

Prediger Lichtberater: Das heißt also, dass Sie sehr viel über ihre Produkte und deren Nutzen nachdenken?

Francisco Gomez Paz: Die ganze Zeit. Auf jedes Produkt bzw. alle Fragen gibt es hunderte von Antworten, die aber alle dabei helfen, die Details zu erarbeiten. Ein schönes Beispiel dafür ist zum Beispiel die Mesh. Bei dieser Leuchte wollte ich die Lichtquelle zerlegen bzw. aus dem Zentrum der Leuchte herausnehmen. Dank der Möglichkeiten der modernen LED-Technologie konnte ich schließlich ein ganz neues Design entwickeln, bei dem die Lichtquelle aus vielen leuchtenden Punkten besteht. Mir kam dann der gespreizte Pfauenschwanz mit seinen vielen Augen in den Sinn. Dabei scheinen die Augen allesamt miteinander verbunden zu sein. Daraus entstand die Idee, eine LED-Leuchte zu entwickeln, die durch ihre Netzstruktur transparent wirkt und bei der man die einzelnen Lichtpunkte separat ansteuern kann.

Prediger Lichtberater: Luceplan gehört zu den wichtigsten Marken für italienisches Leuchten-Design. Lastet ein großer Druck auf Ihren Schultern, wenn Sie neue Produkte für Luceplan entwerfen oder fühlen Sie sich vielmehr geehrt?

Francisco Gomez Paz: Während meines Masterstudiums in Mailand wurde ich von Luceplan zu einem Vortrag über die Geschichte des Unternehmens eingeladen. Wieder zu Hause erzählte ich meiner Frau, dass ich eines Tages für Luceplan arbeiten möchte, weil ich mich mit der Unternehmensphilosophie komplett identifizieren kann. Eines Tages habe ich mir den Wunsch schließlich erfüllt und die Hope-Leuchte für Luceplan entworfen. Für mich ist es daher eine große Ehre für Luceplan zu arbeiten, verbunden mit großer Verantwortung. Druck spüre ich dagegen nicht.

Prediger Lichtberater: Lassen Sie uns zusammen einen Blick auf Ihre jüngsten Design-Entwürfe wie Mesh, Tango oder Nothing werfen. Es scheint fast so, als habe die LED-Technologie einen großen Einfluss darauf, wie Sie Design sehen und denken. Würden Sie dem zustimmen?

Die Tango-Stehleuchte von Francisco Gomez Paz.

Francisco Gomez Paz: Wie ich zuvor bereits erklärt habe, starte ich bei jedem neuen Entwurf mit einem weißen Blatt Papier. Das bedeutet, dass ich Design ohnehin jedes Mal neu denke. Auch aus dem Grund, weil sich Technologien und Anforderungen ständig verändern. Wenn man also Jahre später nochmal über alte Entwürfe nachdenkt, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten.

Ich wundere mich allerdings immer wieder, dass neue Produkte trotzdem noch aussehen wie Altbekanntes. So erinnerten die ersten Autos zum Beispiel an Pferdekutschen. Und auch Leuchten haben trotz LEDs oft ein ähnliches Aussehen wie zu Zeiten der Glühlampe.

Dabei gibt es durch die LED ganz neue Möglichkeiten, das Design entscheidend zu verändern. Ich finde es sehr schade, dass viele Produktdesigner diese neuen Möglichkeiten nicht ausschöpfen, denn genau diese Herausforderung suche ich permanent.

 

Prediger Lichtberater: Lassen Sie uns zum Abschluss nochmal über moderne Technologien sprechen: Wie wird die Zukunft von Licht und Leuchten-Design Ihrer Meinung nach aussehen?

Francisco Gomez Paz: Die Zukunft wird weiterhin von der LED geprägt sein. Weil die LED es möglich macht, die Leuchten mit einer gewissen Intelligenz auszustatten. Intelligentem LED-Licht gehört meiner Meinung nach die Zukunft. Licht wird in Zukunft noch stärker mit anderen Objekten interagieren, sich vielfältig steuern lassen und die Farbtemperatur entsprechend der Tageszeit ändern.

Prediger Lichtberater: Und wie stehen Sie zur OLED-Technologie? Haben Sie bereits versucht, Leuchten mit organischen LEDs zu entwerfen?

Francisco Gomez Paz: Ich habe bereits darüber nachgedacht. Aber ich finde es ist derzeit immer noch besser, einfacher und günstiger auf die LED zu setzen. Die OLED ist zweifelsohne sehr interessant, erreicht aber in mehrerlei Hinsicht einfach noch nicht das Niveau der LED. Ich habe außerdem noch genügend Projekte, bei denen ich mit der LED experimentiere.

Prediger Lichtberater: Herr Gomez Paz, vielen Dank für das informative Gespräch.

Auch das modulare Lichtsystem Synapse von Hersteller Luceplan, das auf den ersten Blick wie eine Schneeflocke anmutet, stammt aus der Design-Feder des gebürtigen Argentiniers Francico Gomez Paz. Foto: Luceplan