Lichtkunst von James Turrell im Museum Frieder Burda Baden-Baden

„Die Zeit“ bezeichnete James Turrell als den „größten Lichtkünstler der Gegenwart“. Aber auch andere Medien überschlagen sich regelmäßig, wenn es um die Ganzfelder, wie Turrell seine begehbaren Lichtinstallationen nennt, des 75-jährigen Amerikaners geht. Nun sind in der Schau „The Substance of Light“ Werke aus 40 Jahre seines Schaffens noch bis zum 28. Oktober 2018 im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen.

„Die Zeit“ bezeichnete James Turrell als den „größten Lichtkünstler der Gegenwart“. Aber auch andere Medien überschlagen sich regelmäßig, wenn es um die Ganzfelder, wie Turrell seine begehbaren Lichtinstallationen nennt, des 75-jährigen Amerikaners geht. Nun sind in der Schau „The Substance of Light“ Werke aus 40 Jahre seines Schaffens noch bis zum 28. Oktober 2018 im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen. Und vor allem: zu erleben.

James Turrell, The Substance of Light, Museum Frieder Burda, Baden-Baden

James Turrell vor dem Eingang seines Mega-Projekts „Roden Crater“. Alle Fotos: Florian Holzherr

Seit der Eröffnung im Oktober 2004 wird das Museum Frieder Burda nicht nur wegen seiner gezeigten Kunst und den gelungenen Ausstellungen sehr geschätzt, sondern auch, weil die Räume so licht und hell sind – dank des Architekten Richard Meier. Für herkömmliche Kunst aller Arten ist das eine grandiose Grundvoraussetzung. Für Lichtkunst indes ist es der Tod. Um also die Schau mit den Lichtwerken von James Turrell verwirklichen zu können, musste das Museum aufwendig umgebaut werden, damit auf drei Etagen fünf unterschiedlich große Lichträume entstehen konnten.

Mit diesem Hintergrundwissen verwundert es nicht mehr ganz so sehr, dass Museumsarchitekt Richard Meier vor Jahren bereits eine Schau rund ums Werk von James Turrell verhinderte, die Frieder Burda damals plante. Es war übrigens auch Meier, der dafür sorgte, dass ein anderes Turrell-Projekt am Getty Center in Los Angeles niemals realisiert wurde. Doch schließlich hat es jetzt doch noch geklappt. In enger Zusammenarbeit mit dem Künstler konnte in Baden-Baden die Ausstellung „The Substance of Light“ umgesetzt werden.

James Turrell, The Substance of Light, Museum Frieder Burda, Baden-Baden

Das Ganzfeld „Apani“ ist derzeit im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu erleben.

Die erstaunliche Wirkung von Licht

Vor allem die Ganzfelder wie etwa „Apani“ beeindrucken. Hier scheint das Licht die Architektur förmlich aufzulösen. Lässt man sich darauf ein – und ist vielleicht auch noch idealerweise alleine in einem Raum – kann man sich förmlich darin verlieren. Die Zeit gerät aus den Fugen und man kann sich kaum noch orientieren. Zugleich wirkt das Licht aber auch auf den Geist, öffnet neue Horizonte und trägt Gedanken wie Gefühle in völlig neue Sphären. Dank James Turrell und seiner Kunst bekommt Licht etwas physisches, das auf Umwelt und Nervensystem gleichermaßen wirkt.

Das hört sich jetzt vielleicht etwas esoterisch an. Ist es aber nicht. Transzendental ist da schon eher der richtige Begriff. Wie stark die Lichtinstallationen übrigens auf die Besucher wirken, veranschaulicht eine Anekdote aus Hannover. Im Sprengel Museum war vor ein paar Jahren ein Ganzfeld von Turrell zu erleben. Nach ein paar Tagen musste der Raum videoüberwacht werden, da das Licht anscheinend eine stark erotisierende Wirkung hatte und es gehäuft zu sexuellen Handlungen kam. Ein Pärchen fragte den Künstler ein Jahr später sogar, ob er Pate ihres Kindes werden möchte. Schließlich sei dieses ja im Ganzfeld gezeugt worden.

James Turrell, The Substance of Light, Museum Frieder Burda, Baden-Baden

Lässt an der eigenen Perspektive zweifeln: „Wedgework“ von James Turrell.

Licht vereint die Welten

James Turrell lehnte zwar dankend ab, so ganz verwundert war er aber nicht, dass seine Lichtkunst eine derart starke Wirkung haben kann. Nicht umsonst heißt seine Schau in Baden-Baden ja auch „The Substance of Light“. Denn Licht erhellt nicht nur die Welt, Licht nährt sie. Licht verändert. Licht macht kreativ, glücklich, traurig, euphorisch. Für Turrell ist Licht alles: „In gewisser Weise vereint Licht die spirituelle Welt und die flüchtige, physische Welt.“

Wie wichtig Licht seit jeher für James Turrell ist, beweist auch sein Projekt „Roden Crater“, das ebenfalls im Museum Frieder Burda vorgestellt wird: Während eines Flugs entdeckte Turrell in den 1970er-Jahren in der Wüste von Arizona einen erloschenen Vulkan. Diesen baut er seit Jahrzehnten nun zu einem gigantischen Observatorium um, damit man Licht aus fernen Welten beobachten kann. „Roden Crater“ gilt als größtes Kunstwerk auf unserem Planeten, von dem man in Baden-Baden dank einer Auswahl von Modellen, Fotografien und Videodokumentationen zumindest einen kleinen Eindruck erhalten kann.

James Turrell, The Substance of Light, Museum Frieder Burda, Baden-Baden

Die „Accretion Disc“ wurde eigens für die Sammlung Frieder Burda von James Turrell kreiert.

James Turrell in Baden-Baden und Berlin

Neben weiteren Lichtkunstobjekten wie etwa „Projection Pieces“, bei der geometrische Körper in einer Raumecke visualisiert werden oder aber die zweidimensionale „Hologram Serie“, die weltweit erstmals zu sehen ist, hat James Turrell natürlich auch für die Sammlung Frieder Burda etwas kreiert. Die „Accretion Disk“, die die Besucher im Untergeschoss erwartet, gehört zu der „Curved White Glass Series“, deren Objekte ihre Farbe im Laufe mehrerer Stunden verändern. Hier wird dann auch wieder der kosmische Aspekt von Turrells Kunst spürbar. Denn dort ist eine Akkretionsscheibe eine aus Gas oder interstellarem Staub bestehende Scheibe, die um einen neugeborenen Stern rotiert.

Wer es bis zum 28. Oktober 2018 nicht ins Museum Frieder Burda schaffen sollte, um sich die Ausstellung anzuschauen, dem sei eine Alternative aufgezeigt. Noch bis zum 30. September 2019 ist im Garten des Jüdischen Museums Berlin das Ganzfeld „Aural“ aufgebaut, das eine ähnlich hypnotisierende wie transzendentale Wirkung hat wie das Ganzfeld „Apani“ in Baden-Baden.

James Turrell, Jüdisches Museum Berlin

Das Ganzfeld „Aural“ kann noch bis zum 30. September 2019 im Jüdischen Museum in Berlin erfahren werden.